Donnerstag, 18. September 2008

Maler und Schreiber





Scuol / Schweiz

Die schönste Zeit am Tag beginnt, wenn Christiane ihren Malkasten öffnet und auf besonderem Papier und mit Materialen, die teilweise noch mein Vater angeschafft hat, beginnt, Aquarelle zu malen. Das kleine Appartement hier füllt sich nach und nach mit ihren bunten Bildern, die sie – wie ich meine: mit einigem Geschick – von Vorlagen bekannter Maler oder von Fotos abmalt. Ihre Vorbild sind Hermann Hesse, von dem sie ein Buch mit Aquarellen hat, und Klaus Fußmann, der Lehrer unseres Maler-Vetters Christopher Lehmpfuhl. Christopher malt in Öl, das läßt ihn als Vorlagengeber erst einmal ausscheiden.

Ich sitze dabei – wie jetzt – schreibend mit dem Laptop auf dem Schoß nicht weit von ihr entfernt und freue mich an der Illusion, dies hier wäre wohl so eine Art von Künstlerkolonie! Zwar ist kein van Gogh hier, auch kein Thomas Mann, aber zwei Leute, die angefangen habe, das Geschehen um sie herum genauer zu beobachten, weil sie es später einmal auf ihre jeweils eigene Weise wiedergeben wollen.

Eigentlich malt und schreibt man für sich allein. Man festigt dabei die Eindrücke, die man zuvor gesammelt hat, ergänzt sie, liest nach (Wikipedia ist eine wunderbare Welt für sich!) und stellt einen kleinen Ausschnitt zusammen, den man für erwähnenswert hält. Ob einer die Bilder ansieht, die Texte liest? Fast ist es gleichgültig, aber geschmeichelt ist man schließlich doch, wenn man, wie ich über „sitemeter“ erfahre, daß mein Blog 80 mal pro Woche aufgerufen wird. Danke Leser! Ja, D i c h meine ich, Hallo! Auf jeden Fall gibt man sich etwas mehr Mühe und fragt sich, ob das alles überhaupt jemanden interessiert.

Oft verneint man diese Frage beklommen und läßt den Text dann doch stehen. Solche Kritiklosigkeit unterscheidet einen am Ende von Thomas Mann – nicht von van Gogh, denn der hat seine Bilder ja ebenfalls nicht verkaufen können und sich nicht darum geschert, ob die dicken Striche beim Publikum ankommen oder nicht.

Eins gewinnt man auf jeden Fall: ein besseres Augenmaß für die besonderen Leistungen der wirklichen Maler und Schreiber. Nietzsche hat das einmal so formuliert: Wer die Kunst kritisieren will, schaffe zuvor erst einmal selbst ein eigenes Kunstwerk. Ich habe das Originalzitat im Internet nicht finden können. Vielleicht heißt es ja darin auch: er versuche sich zunächst einmal an einem eigenen kleinen Werk.
Wie auch immer – die Freude am werkeln war einer der vielen Lichtpunkte in diesem schönen Urlaub.

1 Kommentar:

Peter Oberschelp hat gesagt…

Im Schatten der vertrauten Person das seine tun:

Die Inhaberin des Antiquariats, Penelope Peacefull, eine sehr schöne, von mir seit vielen Jahren bewunderte Dame, saß, wie es stets ihre Gewohnheit gewesen war in den Morgenstunden, leicht seitwärts an ihrem mit Papiersachen und Büchern befrachteten Schreibsekretär und löste linkshändig das Kreuzworträtsel auf der letzen Seite des Telegraph. Ab und zu lächelte sie zu mir herüber, dann wieder blickte sie tief in Gedanken auf die Gasse hinaus. - Die beiden, Penelope und Selysses, gehen in einer Atmosphäre tiefer Vertrautheit, aufgehoben in der liebevollen Nähe des anderen still ihrer jeweiligen Beschäftigung nach. Dann und wann geht der Blick auf die Gasse hinaus, offenbar, wenn schon nicht Ithaka so doch eher Delft als London, ein Interieur a la Vermeer oder de Hoch. - Bei uns, nebenan im Alto Adige, waren es das Silent Cello und der Schreibblock