Montag, 27. Juli 2009

Im Haus von Konrad Adenauer




Gestern war ich zum ersten Mal in meinem Leben im Rhöndorfer Haus von Adenauer, dem ersten Kanzler unserer Bundes-republik. Der Besuch war als Geschenk für drei türkisch-deutsche Freunde gedacht, bei denen ich auf angenehme Weise etwas gutzumachen hatte.

Ich will gleich sagen, daß sich der Besuch gelohnt hat. Das Haus liegt auf einem schönen Fleck am unteren Rand der Weinberge, die hier die südliche Flanke des Drachenfels im Siebengebirge bedecken. Adenauer muss das Grundstück mit Bedacht ausgewählt und dabei die Nachteile in Kauf genommen haben, die sich aufgrund seiner steilen Hanglage ergeben. Er ist viele Jahre lang und bis zum Ende seiner 91 Jahre zunächst einen stark ansteigenden Zuweg und dann etwa achtzig Treppen bis zu seinem Haus hinaufgestiegen (das obige Foto zeigt den neuen, ebenfalls steilen Aufgang vom Museum aus). Belohnt wurde er durch einen überaus schönen Blick auf den unten im Tal fließenden Rhein

Das Haus ist geräumig aber nicht prunkvoll. Die Häuser von Churchill und de Gaulle, die ich vor Jahren besuchte, sind deutlich repräsentativer. Die Einrichtungsgegenstände sind oft bürgerlich und bieder (Adenauer war sparsam), gelegentlich blitzen allerdings seine Erfindungen auf, wie die tagsüber hinter zwei kleinen Gardinen verborgenen Batterien von Lichtstrahlern, die einige bemerkenswerte Bilder aus seiner schönen Sammlung abends besonders zur Geltung brachten.

Sein schönstes Bild, so hat er es immer gesagt, war aber das Landschaftsbild, das er von seinem Lieblingsplatz auf der Couch durch das Wohnzimmerfenster betrachten konnte. Das Fenster ist sparsam in seinen Ausmaßen, was aber den Gedanken, hier ein weiteres Bild in der Sammlung vor sich zu sehen, unterstreicht.

Adenauer hat das Haus 1938 gebaut, da war er zweiundsechzig Jahre alt und von den Nazis mit Schimpf und Schande aus seinem Amt als Kölner Oberbürgermeister verjagt. Er war verhaftet worden, kam wieder frei, mußte sich lange Zeit in Maria Laach verstecken, konnte es aber irgendwann erreichen, daß ihm zumindest ein Teil seiner Pension zugestanden wurde. So konnte er bauen und dabei den später mit seinen Rosenbeeten, seinem Pavillon und seiner Bocciabahn berühmt gewordenen Garten zunächst als reinen Nutzgarten anlegen, in welchem unter anderem auch ein Schaf gehalten wurde.

Im neuen Museum unterhalb des Hauses sind die Objekte seines Erfindungsreichtums zu bewundern, der ihm bereits als Kölner Beigeordneten zwei Patente eingebracht hatte (für ein einfaches Maisbrot in den Hungerjahren des Ersten Weltkrieges und eine entsprechende Blutwurst). In Rhöndorf erfand er unter anderem eine Harke, die mit einem kleinen Hammerkopf kombiniert war (siehe Foto) und eine Gießkanne mit einem nach unten abklappbaren Sieb. Seiner Sekretärin soll er nach dem ersten Raketenstart der Amerikaner gesagt haben, auch das Prinzip der Rakete sei von ihm erfunden, von den Behörden jedoch nicht verstanden und deshalb nicht zum Patent angenommen worden.

Im April 1967 ist er in seinem Schlafzimmer im Obergeschoß gestorben. Man hat ihm eine große Beerdigungen im Kölner Dom ausgerichtet und seinen Sarg dann wieder nach Rhöndorf zurückgebracht, wo er auf dem nahen Waldfriedhof begraben wurde. Ich habe damals als achtzehnjähriger vor den südlichen Eingang des Doms ausgeharrt, um die Großen der Welt frei und ungeschützt durch die Straßen Kölns wandeln zu sehen, vom imposanten General de Gaulle überragt.

Diese Freiheit war damals schon nicht mehr ganz selbstverständlich. Immerhin war nicht lange zuvor Kennedy ermordet worden, der kurz vor seinem Tod 1963 in Köln war und vor dem Rathaus eine Rede hielt. Während seiner berühmten Rede in Berlin ("Ich bin ein Berliner") stand der greise Adenauer würdevoll neben dem jungen Präsidenten. Wie viele andere Politiker, den 13 Jahre jüngeren Hitler eingeschlossen, hat Adenauer auch Kennedy überlebt, um vier Jahre.

Meine türkischen Freunde haben alles mit großem Interesse und wachen Sinnen in sich aufgenommen. Sie haben einen deutschen Pass und sind auf dem besten Weg, den Alten von Rhöndorf als ihren eigenen Urgroßvater zu adoptieren. Ich denke, er hätte nichts dagegen. Er war ein Familienmensch.



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Adenauerhaus



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