Donnerstag, 24. November 2016

Reise ins Heilige Land (IX): Durch das Wadi Auja


Am Eingang zum Wadi Auja
Von der hoch über dem Jordantal gelegenen kleinen Stadt Kafr Malek geht ein steiler Weg hinunter zur Quelle Ein Samia. Von dieser Quelle werden große Teile der West Banks mit Wasser versorgt, so auch die Brauerei von NadimKhoury im nahen Taybeh, Endpunkt meiner ersten Wanderung in 2013.

Die Etappe des Abrahamswegs von Kafr Malek (etwa 800 m über dem Meer) über Ein Samia (400 m) nach Jericho (- 300 m, also unter dem Meeresspiegel) ist in zwei Tagesmärsche geteilt und geht im ersten Teil den steilen Canyon des Wadi Auja bis hinunter auf Meereshöhe hinab und von dort in einer zweiten Etappe in das noch einmal 300 m tiefer gelegene Jericho.

Meinem über alle Maßen geschätzter Wanderführer von 2013, Nedal Sawalmeh, war es kurzfristig gelungen, Nureddin und mich in eine norwegische Pilgergruppe einzugliedern, die mit 20 Personen auf dem Fußweg von Nazareth nach Bethlehem unterwegs war, dem "Nativity Trail".


Nedal ersparte den Norwegern und uns den steilen ersten Abstieg von Kafr Malek und brachte uns mit einem Kleinbus an die Quelle von Ein Samia. Von dort geht der Weg durch den Canyon hinunter in das Dorf Auja, meist auf halber Höhe des Abhanges, an schwindelnden Abstürzen entlang, in deren Tiefen der Bach des Wadi Auja unregelmäßig sein Wasser führt. Der Boden der Schlucht ist nur an wenigen Stellen passierbar.

Ich hatte unsere Reise so geplant, dass Nureddin und Nedal sich unbedingt sehen sollten. Beides sind fromme Muslime, die sich nicht scheuen, auch auf offenem Feld zu beten. Ich hatte Nedal viel von Nureddin erzählt und war mit der Aufforderung nach Deutschland zurückgereist "Bring him here!" Den Auftrag hatte ich erfüllt.

Die Begegnung der beiden frommen Männer verlief überaus erfreulich. Ebenso erfreulich war aber auch unser aller Begegnung mit den frommen Norwegern. Sie hatten sich über eine Zeitungsanzeige in der christlichen Zeitung "Vårtland" ("Unser Land") zusammengefunden. Einer der Autoren, Alf Gjøsund, leitete mit seiner Frau Ann Christin die Gruppe, Nedal war als örtlicher Reiseführer hinzugekommen.

Rast mit Andacht
Die Norweger waren trotz teilweise schon recht fortgeschrittenem Alter alle sehr gut zu Fuß unterwegs, auf manchen Strecken eher schon zu gut für mich. Aber sie hatten auch ein geistliches Programm, das sie in guter Weise einhielten. Bei unserer ersten Rast wurden kleine Hefte herausgeholt, in denen Lieder und Bibelworte zur Begleitung auf dem Pilgerweg standen.

Auf meine Bitte hin wurde das schöne "Navnet Jesus blekner aldri" gesungen. Das Lied ist 1923 in Norwegen entstanden, auf eine Zulumelodie getextet. Es ist um die ganze Welt gegangen und in Deutsch mit "Jesu Namen nie verklinget, ewiglich bleibt er bestehen" leider etwas altmodisch übersetzt worden. Es hat sich hier nicht recht durchgesetzt, im Gegensatz zu Norwegen, wo ich es mehrfach kräftig und mit guten Arrangements versehen gehört habe.

Mir wurde bei der ersten Pause die Ehre zuteil, den ausgewählten Bibelabschnitt in Deutsch zu lesen. Teils verstanden die Norweger meine Sprache, teils lasen sie den Text in ihren Heften mit. Danach wurde vereinbart, dass die nächste halbe Stunde schweigend gegangen werden sollte, eine für mich ungewohnte aber schöne Erholung. Auch bei der nächsten Rast gab es ein geistliches Programm, das mich erfreute. Nedal versorgte uns aus einer vom häufigen Gebrauch im Feuer pechschwarz gewordenen Kanne mit wunderbarem Tee.

Nedal und seine schwarze Kanne
Wie so oft in meinem Leben habe ich fremde Christen als angenehme und offene Begleiter gefunden. Es gibt natürlich auch den Typ des besserwisserischen oder gar bigotten Christen. Auch ihm bin ich begegnet. Aber er war in meiner Wahrnehmung immer in der Minderheit.

Nureddin und ich verabschiedeten uns am Ende der Wanderung herzlich von den Norwegern und wurden mit dem Taxi zu einem Bus gebracht, der geradewegs von Jericho hinauf nach Jerusalem fuhr. Zu unserer Verwunderung war er voll mit jungen Juden, an ihren Kipas zu erkennen. Um Jericho herum gibt es eine Reihe von israelischen Siedlungen, von dort waren die jungen Leute unterwegs nach Jerusalem.


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