Dienstag, 15. August 2017

Vom Einfachen

Niemand würde auf die Idee kommen, eine Pfanne Bratkartoffeln dadurch geschmacklich zu verbessern, dass man sie im Öl einer besonderen Pflanze oder etwa im Bauchspeck eines Wildschweins brät. Die Freude an der braunen Kruste der Bratkartoffel entsteht – so sagte es mir ein Chemiker, der gleichzeitig Hobbykoch war – unabhängig von allen Beigaben durch das Austreten von Stärke, die sich in der Brathitze karamellisiert. Der Vorgang lässt sich beliebig an vielen Gemüsesorten und an Fleisch wiederholen. Wir lieben also am Steak dasselbe, was uns auch an der Bratkartoffel gefällt.

Es würde auch niemand auf die Idee kommen, in Köln nach einem Bier zu suchen, das in einem aufwändigen Verfahren hergestellt wurde und entsprechend € 20, – pro Glas kostet . Wir suchen beim Kölsch das Einfache, das immer Gleiche, gestatten uns vielleicht noch eine Vorliebe für Gaffel, Früh oder Sion, aber mehr nicht.

Auch meine englischen Freunde bereiten ihren Tee nach dem Motto zu don't make a fuss, treibe nicht zu viel Aufwand. Sie werfen ein paar schmucklose Beutel, die nicht einmal einen Faden und ein Schildchen haben, in das kochende Wasser und schauen auch nicht auf die Uhr, wie lange sie den Tee ziehen lassen wollen. Der Tee schmeckt bei Ihnen immer gleich gut, was auch für den Kaffee gilt, den meine Frau morgens in einer einfachen Filtermaschine zum Frühstück kocht. Alles, was ich im Laufe des Tages noch zusätzlich an Kaffee bekomme, auch Kaffee im Restaurant, ist dagegen meist zweitklassig.

Ich suche nach dem einfachen und preiswerten Geschmack. Ich weiche den Leuten aus, die mir teuren Whisky aufschwatzen wollen und halte Distanz zu einem ansonsten guten Menschen, der sich einmal rühmte, zwölf verschiedene Sorten Grappa in seinem Schrank zu haben. Selbst bei teuren Weinen bin ich skeptisch. Ich freue mich an den beiden Hausweinen, einem roten und einem weißen, die mir ein lieber Freund vorsetzt, wenn ich ihn besuche. Er kauft sie für weit unter € 10, – pro Flasche in einem Wuppertaler Handelsgeschäft ein. Als ich dort ebenfalls nach diesen Weinen gesucht habe, fand ich sie als einzige nicht im Regal sondern auf einer großen Palette, kartonweise gestapelt. Auch andere Leute hatten sich offenbar diese Hausweine ausgesucht und freuten sich daran.

Von dem englischen Atheisten Christopher Hitchens (1949 – 2011), der für seinen Alkoholismus bekannt war, wusste man, dass er sich gerne als Gastgeschenk eine einfache Flasche Black Label erbat. Das ist die geringfügig bessere Variante des meistverkauften Whiskys der Welt, Red Label von der Firma Johnny Walker. Er liegt im Preis bei der Hälfte der auserlesenen Single Malts, bei denen für Kenner der Whisky erst richtig anfängt.

Nun könnte man angesichts dieser atheistischen Maßstäbe sagen, es sei Christenpflicht, sich nach besseren Dingen auszustrecken. Ich möchte das bezweifeln, ich halte es eher mit den mönchischen Christen, die gelehrt haben, ein Christ solle nicht auf dem Sofa sitzen. Ein Holzstuhl müsse für ihn ausreichen.

Ich schreibe dies, während ich auf unserer Terrasse sitze und einen einfachen Calvados trinke. Ich gestehe allerdings, dass die Gartenstühle eine weiche Auflage haben. Man kann nicht immer konsequent sein.

1 Kommentar:

Peter Oberschelp hat gesagt…

Wenn jemand, von dem man es nicht unbedingt erwartet hätte, das schöne Lied des schlichten Lebens singt, klingt es besonders schön.